Musenhof-Museum in der Mark: Chamisso und das Schlemihl-Schlösschen

von Reinhard Wengierek Er wurde 1781 zwar herrschaftlich geboren – auf Schloss Boncourt in der Champagne –, doch die Familie zählte zum verarmten Adel. 1792 verließ sie aus Furcht vor den Heeren der Revolution Frankreich, zog jahrelang auf abenteuerlichen Wegen durch die Niederlande, durch Süddeutschland und fand schließlich 1796 festes Domizil in der durch die… Musenhof-Museum in der Mark: Chamisso und das Schlemihl-Schlösschen weiterlesen

Weiß ist nicht unbestimmter Rest, sondern bestimmte Form

von Klaus Hammer Ursula Strozynski: Andalusien V, Kaltnadelradierung (2007); Foto: Galerie der Berliner Graphikpresse. „Stadt im Süden“, „Mondschein“, „Abendlicht“, „Reusen“, „Regatta“, „Steg im Nebel“, „Liegestühle“, ,„Ostsee“,„ Andalusien“, „Matera“, „Monopoli“ – so lapidar sind ihre Kaltnadelradierungen, von denen sie einige auch aquarelliert hat, ihre Siebdrucke, Monotypien, Collagen und Arbeiten in Mischtechnik betitelt. Es sind klare, reduzierte,… Weiß ist nicht unbestimmter Rest, sondern bestimmte Form weiterlesen

Besuch bei einem „ehrlosen alten Wüstling“ *

von Wolfgang Brauer Das kleine Harzdörfchen Molmerswende (es hat keine 300 Einwohner und gehört heute zur Stadt Mansfeld) liegt abseits der großen Straßen auf der Hochfläche des Unterharzes zwischen Pansfelde und Harzgerode. In die Gegend verirren sich Reisende meist nur, wenn sie die Burg Falkenstein besichtigen wollen. Es lohnt sich aber, in Molmerswede einen Zwischenstopp… Besuch bei einem „ehrlosen alten Wüstling“ * weiterlesen

„Der tollste Tag“ mit Mozart und Rio Reiser sowie „Peer Gynt“ mit Lars Eidinger – Fund-Stücke im Berliner Bühnen-Betrieb (6)

von Reinhard Wengierek Eins: Seebühne Hans-Otto-Theater Potsdam – Auf’m Fahrrad ins Eheglück Hans-Otto-Theater Potsdam: Der tollste Tag (Regie: Adriana Altaras). Franziska Melzer, Hannes Schumacher, Mascha Schneider (v.l.) Foto: Thomas M. Jauk Was für ein Finale! Big Boss klatscht ins Wasser, säuft ab, und die Belegschaft feiert. Ein zünftiger Tyrannenmord. Denn Graf Almaviva war ein brutaler… „Der tollste Tag“ mit Mozart und Rio Reiser sowie „Peer Gynt“ mit Lars Eidinger – Fund-Stücke im Berliner Bühnen-Betrieb (6) weiterlesen

Meiningisches: Zwischen Museum und lebendigem Theater

Auf dem Weg zum Schloss Elisabethenburg, dem Residenzschloss der Sachsen-Meininger Herzöge, passiert man rechterhand einen von außen durchaus hässlichen Bau, der durch Größe und merkwürdige architektonische Formensprache auffällt. Selbst die Meininger Museen, in deren Obhut das Gebäude sich befindet, räumen stillschweigend ein, die ehemalige Reithalle sei „zu keiner Zeit“ ein repräsentativer Bau gewesen. Seit 2000… Meiningisches: Zwischen Museum und lebendigem Theater weiterlesen

Sophie Passmann und Frank Sinatra – Fund-Stücke im Berliner Bühnen-Betrieb (5)

von Reinhard Wengierek Eins. Berliner Ensemble – Rockerin mit Grips und Witz Konfettikanonen, Lamettavorhang, dröhnende Popmusik („Anti-Hero“ von Taylor Swift), kreisende Scheinwerfer und ein kochender Saal: Auftritt Sophie Passmann! Vor verspiegeltem Revuefächer (oder Pfauenrad oder Venusmuschel?). Das Publikum, gefühlt hundert Prozent jungweiblich, bejubelt seinen Star. Sein Sprachrohr. Seine Schwester im Geiste. Seine Heldin. Wir sind… Sophie Passmann und Frank Sinatra – Fund-Stücke im Berliner Bühnen-Betrieb (5) weiterlesen

Bemerkenswert? Bemerkenswert! Getrübt in Moll – Das Theatertreffen, 62. Ausgabe

von Reinhard Wengierek „Dieser Jahrgang ist ein düsterer!“ Ziemlich steile Ansage der Jury noch vor Beginn dieser 62. Leistungsschau des deutschsprachigen Schauspielbetriebs, gegründet 1963 in Westberlin als alljährlich im Mai präsentiertes kulturelles Aushängeschild im Kalten Krieg. Seither gilt das gleiche Verfahren: Sieben (ordentlich divers) berufene Kritiker reisen durch die Lande und küren aus zig Produktionen… Bemerkenswert? Bemerkenswert! Getrübt in Moll – Das Theatertreffen, 62. Ausgabe weiterlesen

Technik und Innenmacht. Helene Weigel zum 125. Geburtstag

von Reinhard Wengierek Sie war nicht leicht zu fotografieren. Eine beeindruckende Dokumentation ihrer schauspielerischen Arbeit schuf Gerda Goedhart für das von Wolfgang Pintzka herausgegebene Fotobuch „Die Schauspielerin Helene Weigel“ (1959 im Henschelverlag Berlin). Sammlung Wolfgang Brauer Ein hässliches Entlein; und ans Theater will es obendrein. Unmöglich! Alle Welt ist dagegen. Umso hartnäckiger insistierte die Wiener… Technik und Innenmacht. Helene Weigel zum 125. Geburtstag weiterlesen

Thomas Brasch und Rainer Werner Fassbinder. Fund-Stücke im Berliner Bühnen-Betrieb (4)

von Reinhard Wengierek Deutsches Theater: Links und rechts der Mauern. – Dem großen Dichter Thomas Brasch zum Achtzigsten o.T. – Wortlos. Collage: W. Brauer (2025) „Wo ich bin will ich nicht bleiben, aber die ich liebe will ich nicht verlassen, aber die ich kenne will ich nicht mehr sehen, aber wo ich lebe da will… Thomas Brasch und Rainer Werner Fassbinder. Fund-Stücke im Berliner Bühnen-Betrieb (4) weiterlesen

Freunde auf Höllenfahrt und die Großaufnahme einer Menschenhatz. Fund-Stücke im Berliner Bühnen-Betrieb (3)

von Reinhard Wengierek BE: „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ nach Erich Kästner Kurz vor Mitternacht. Nach fast fünf dröhnenden und keuchenden Stunden hält das entfesselte Castorf-Theater für einen Moment die Luft an: Ein Mann und eine Frau verharren frierend, aneinander Schutz suchend und nackt, wie Gott sie geschaffen hat, im kalten Licht einer… Freunde auf Höllenfahrt und die Großaufnahme einer Menschenhatz. Fund-Stücke im Berliner Bühnen-Betrieb (3) weiterlesen

Harry Lime am Schwielowsee

Theodor Fontane nannte Caputh einmal das „Chicago am Schwielowsee“. Nicht wegen eines märkischen Al Capone, sondern wegen der vielen Lastkähne, die die Produkte der hier einst ansässigen Ziegeleien und der Obstplantagen („Appelkähne“) nach Berlin transportierten. Und als wir alle noch für Frieden und Sozialismus immer bereit waren, reimte Wolfgang Protze am Havelstrand unverdrossen „Was machte… Harry Lime am Schwielowsee weiterlesen

Fund-Stücke im Berliner Bühnen-Betrieb

von Reinhard Wengierek Eins: Gorki Theater. Carmen queer Die Männer liegen ihr zu Füßen, sie tanzt ihnen auf der Nase: Carmen. Personifizierte Männerfantasie, Ikone weiblicher Selbstbestimmtheit, kühn nonkonformistisch, gefährlich freiheitlich, traumschön und sexy. Was für ein Weib! Das diesmal ein Mann verkörpert, ein Roma-Mann. Ladylike, königlich. Es ist der schwedische Schauspielstar Lindy Larsson. Ein baumlanger Kerl,… Fund-Stücke im Berliner Bühnen-Betrieb weiterlesen

„Radikal und pingelig“ – die Berliner Künstlerin Käthe Kruse

Sie kommt künstlerisch aus dem Punk und tobte sich 1982 bis 1987 auch als Schlagzeugerin in der Westberliner alternativen Kultband und Performancegruppe „Die Tödliche Doris“ aus. Die Berlinische Galerie in der Alten Jakobstraße in Berlin-Kreuzberg widmet ihr derzeit eine umfangreiche Personalausstellung. Die Ausstellung selbst wird mit einer stringenten ästhetischen Strenge zelebriert, die so gar nichts… „Radikal und pingelig“ – die Berliner Künstlerin Käthe Kruse weiterlesen

Erinnerungen an eine besondere Ausstellung – „Caspar David Friedrich, Goethe und die Romantik in Weimar“

von Ulrich Kaufmann Am 2. April 1829 sprach Goethe zu Eckermann: „Das Klassische nenne ich das Gesunde und das Romantische das Kranke.“ Diese Aussage hat man in der DDR, die im Blick auf das Erbe immer wieder von einem „Goethe-Schiller-Zentrismus“ ausging, vielfach zitiert und oft kurzschlüssig ausgelegt. Man gewann fast den Eindruck, als habe es… Erinnerungen an eine besondere Ausstellung – „Caspar David Friedrich, Goethe und die Romantik in Weimar“ weiterlesen

Am blutigen Tor der Neuzeit – Frührenaissance in Mitteldeutschland

Wenn konservativ denkende, aber sich gern modern gebende Kulturmanager Ausstellungen zu historischen Jubiläen konzipieren, sollte man auf die Fallstricke achten. Egal, ob es sich um die Berliner Mauer oder den 1500. Geburtstag einer norddeutschen Moorleiche handelt – vorsichtige Annäherung ist immer ratsam. Seit Längerem harrte ich mit skeptischer Neugier auf das Nahen der Jahre 2024/2025.… Am blutigen Tor der Neuzeit – Frührenaissance in Mitteldeutschland weiterlesen