von Heinz W. Konrad
Titelholzschnitt zu Christopher Marlowe „The Tragicall Historie of the Life and Death of D. Faustus“ (1620)
Januar: Sahra Wagenknecht wird die erst kürzlich in Moskau an sie verliehene Auszeichnung „Miss Mut“ aberkannt; auch ihre Beteuerung, nur irrtümlich Wladimir Putin statt der so namensähnlichen Marie-Agnes Strack-Zimmermann einen Verbrecher genannt zu haben, ändert am Beschluss der vergnatzten Duma vorerst nichts.
Nur bedingt überraschend verbünden sich die Genien Elon Musk und Alice Weidel, indem Musk der AfD-Chefin via X konzediert: „Only the AfD can save Germany“, was die EU an den Rand der Selbstauflösung bringt.
Februar: Die Ergebnisse der vorgezogenen Bundestagswahl ermöglichen keine akzeptable Regierungsbildung und muss deshalb wiederholt werden.
Überschattet wird diese Wahlwiederholung durch einen Paukenschlag: Der von der AfD regierte Landkreis Sonneberg beschließt den Austritt aus der Bundesrepublik und die Angliederung an die Russische Föderation. Zur Unterstützung dieses Vorhabens entsendet Moskau umgehend 10.000 Reservisten zum Urlaub in die südthüringischen Wälder.
März: Die Wiederholung der Bundestagswahlen droht aus dem Ruder zu laufen, da die Linkspartei gemäß einer vorausgegangenen Ankündigung die Republik nach wie vor zu rocken droht. Aus Protest gegen die vorausgegangene Auflösung des Bundestages kleben sich Abgeordnete des BSW an ihren Sesseln fest; einige müssen samt haftendem Gestühl aus dem Plenarsaal getragen werden.
Erstmals im deutschen Parteienspektrum tritt eine „Islamische Demokratische Union“ (IDU) an und erobert dank der über fünf Millionen Mitglieder ihrer verschiedenen Glaubensrichtungen aus dem Stand den Rang der drittstärksten Fraktion.
April: Auf Betreiben der FDP verpflichtet der neue Bundestag die Regierung zur Abschaffung der Ampel nun auch als Instrument der Verkehrsregelung. Die allseits erwiesene Mündigkeit der Bundesbürger habe eine solch entwürdigende Reglementierung längst ad absurdum geführt.
Durch den ersatzlosen Wegfall der Lichtsignalanlagen werden tausende bisherige Verkehrspolizisten nunmehr mit der erweiterten Ahndung von Parkverstößen beauftragt, was allein das Defizit des Berliner Haushalts umgehend von drei Milliarden auf lediglich 10.000 Euro reduziert.
Mai: Weltweite Beachtung findet die Inbetriebnahme des ersten Kirschkernkraftwerkes in Tauberbischofsheim im nördlichen Baden-Württemberg, mit deren künftigem Einsatz in großem Stil auch die weitere Suche nach einem Endlager entfällt.
Aufsehen erregt zudem eine soeben bekannt gewordene Vereinbarung orientalischer und europäischer Messerstecher, zwecks Minimierung von schweren Verletzungen oder gar Todesfällen ehrabschneidende Konflikte künftig respektvoll nur noch mit Obstmessern auszutragen.
Ausdrücklich nicht damit im Zusammenhang steht die Forderung der parlamentarisch neuen Fraktion IDU im Neuköllner Stadtbezirksparlament, den bislang gesetzlich verpflichtenden Schulbesuch für Kinder und Jugendliche ihrer Klientel ersatzlos aufzuheben.
Juni: Um den hohen Leerstand von Wohnraum in Provinzstädten zugunsten eines umfänglicheren Angebots in Berlin zu nutzen, hat die Bundesregierung beschlossen, erste Wohngebäude aus Cottbus mit jenem Verfahren nach Berlin zu verlagern, das 1996 am Potsdamer Platz bei der Verlegung des kompletten Kaisersaals des ehemaligen Nobelhotels Esplanade auf Luftkissen angewandt wurde.
Der Hersteller der alle deutschen Kommunen nahezu flächendeckend zierenden Baustellenzäune hat mit Hinweis auf den durch die Decke gehenden Anstieg seines Aktienwertes voller Zuversicht angekündigt, im Laufe des kommenden Jahres eine feindliche Übernahme des Imperiums von Elon Musk in Angriff zu nehmen. Allein mit der Eingliederung dessen Weltraumprogramms SpaceX wäre so das Monopol auch künftiger Bauzaunabsperrungen auf Mond oder Mars gesichert.
Juli: Zur Sicherung künftig friedvoller Fußballspiele hat die UNO dem Antrag des Deutschen Fußballbundes stattgegeben, jeden Bundesligaklub mit einer eigenen Blauhelm-Staffel auszurüsten, die in Konfliktfällen die in Bedrängnis geratenen Kräfte der eingesetzten Polizei zu schützen haben.
Wegen Beleidigung der Künstlichen Intelligenz lehnt Chatgpt die Aufträge mehrerer AfD-MdBs ab, für sie Debattenbeiträge zu erarbeiten.
August: Das Bundestagspräsidium prüft den Antrag der Grünen-Fraktion, in den zuallermeist freibleibenden Stuhlreihen der Hinterbänkler künftig Hanf anzubauen und mit dessen Verkauf das Budget des Hohen Hauses zu entlasten.
Die Mitglieder der Linksfraktionen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg fordern für ihre nunmehr nötigen Wechsel von Votierungen für oder gegen die schwachen Landesregierungen die Einführung einer Pendlerpauschale.
September: Mit dem Ziel, Vorbehalte in der Bevölkerung gegen die Atomkraft abzubauen, bringt die AfD ein nuklear betriebenes Taschenfeuerzeug auf den Markt, auf dessen Erwerb sofort ein enormer Run einsetzt.
Dank einer mikrobiologischen Modifizierung ist es einem Münchener Forschungsinstitut gelungen, die im Gesundheitswesen hochwirksame Abnehmspritze nun auch zur Reduzierung von Maxima in Kriminalstatistiken umzuprogrammieren.
Oktober: Auf deren Schutz bedacht, hat das Präsidium der TU Berlin beschlossen, jüdische Studenten bis auf weiteres vom Lehrbetrieb auszuschließen. Antisemiten wären dadurch Tür und Tor für ihre Übergriffe dauerhaft verschlossen.
Im Zuge der bundespolitischen Reduzierung der Bürokratie beschließt der Berliner Senat vorbildhaft, die Planungszeit von Zebrastreifen von bisher zwanzig radikal auf nur noch 19 Jahre zu verringern.
November: Eine erfolgreich in Betrieb genommene Pilotanlage zum elektronischen Versand gültiger Banknoten auf heimische Rechner ermöglicht nun auch die Schließung der noch verbliebenen Bankfilialen, deren leibhaftiges Aufsuchen für Sparer sich nunmehr erübrigt, wofür eine Verdoppelung der Kontoführungsgebühren sich als vollauf gerechtfertigt anzusehen sei.
Dezember: Das Statistische Bundesamt teilt bilanzierend mit, dass 2024 zwar schlechter gewesen sei als 2023, dafür aber viel besser als 2025 sein würde.
Mein Humor, Herr Konrad. Bravo!
Tja, wenn’s (teilweise) nicht zum Heulen wäre, könnte man frei heraus lachen. Ich grins‘ mir dennoch einen.
Januar-bis auf weiteres –
Wohl wissend, dass sie eigene Anträge im Bundestag nicht durchbringen kann, solche Abstimmungen also in jedem Fall verliert, stimmt die AfD-Fraktion von nun an jedem Gesetzesantrag zu, den – welche Parteieinkonstellation auch immer – zur Abstimmung einbringt, worauf die „demokratischen“ Parteien wiederum brandmauernd nunmehr auf jedwede Gesetzesvorlage verzichten.