Die Schrift an der Wand


Wem gehört es denn nun tatsächlich, das deutsche Parlament? Foto: W. Brauer (2015)

Im Alten Testament (Daniel 5) wird die Geschichte vom Ende des babylonischen Königs Belsazar erzählt. Von der Verliebtheit in die eigene Macht und wohl auch dem schweren Wein berauscht, schmäht er durch den Missbrauch der von Nebukadnezar II. in Jerusalem geraubten Kelche und Pokale Jahwe. Daraufhin schreibt eine plötzlich erscheinende Hand geheimnisvolle Zeichen an die Wand des Festsaales, die niemand zu lesen oder zu deuten versteht. Nur der herbeigerufene Daniel vermag es: Gott habe die Tage der Herrschaft des Belsazar gezählt und deren Ende festgestellt. Die Person des Königs sei gewogen und für zu leicht befunden worden. Sein Reich werde zerteilt und den Persern und Medern übergeben werden. Die fürstliche Belohnung Daniels für die Entschlüsselungsarbeit durch den König nutzte letzterem nichts mehr. Belsazar wird noch in derselben Nacht ermordet. Er hatte wohl die Zeichen an der Wand nicht recht ernst genommen.

Nichts liegt mir ferner, als heutige Politiker mit den Königen Babylons vergleichen zu wollen. Aber angesichts der jüngsten Äußerungen von Friedrich Merz kam mir die alte Geschichte wieder in den Sinn. Es geht um die bevorstehende Wahl der Bundestagsgremien, konkret um die Frage, ob die AfD-Fraktion einen Vizepräsidentenposten erhalten werde oder nicht. Dieses Amt sei ein Staatsamt, verkündet der eventuell nächste Bundeskanzler: „Und ich werde der Unionsfraktion nicht empfehlen, eine AfD-Abgeordnete oder einen AfD-Abgeordneten in ein Staatsamt zu wählen.“ Damit verstößt Merz eindeutig gegen geltende Regeln. Justitiabel ist sein großmäuliger Spruch nicht. Es ist Sache eines jeden einzelnen Abgeordneten, einer jeden Abgeordneten der Unions-Fraktion, ob sie ihrem Chef hier folgen oder nicht. Solche Wahlen sind (noch!) geheim. Und die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages regelt in § 2 (1) die Sache eindeutig: „Jede Fraktion des Deutschen Bundestages ist durch mindestens einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin im Präsidium vertreten.“

Wohlgemerkt: jede Fraktion. Auch solche, die eigentlich mit der parlamentarischen Demokratie nur wenig am Hut haben. Und hier ist die Rede von der mit 152 Mitgliedern zweitstärksten Fraktion des Parlaments, die über ein Fünftel aller zur Wahl Gegangenen vertritt (20,8%). Man muss die nicht mögen. Und es gibt eine Menge Gründe dafür, sie nicht zu mögen. Aber ihren gewählten Vertretern die parlamentarischen Rechte durch Taschenspielertricks zu beschneiden, wird sich spätestens 2029, ich vermute sogar eher, bitter rächen.

Es stimmt natürlich, die Regelungen von § 2 (1) sind das eine. Die Pflicht der Fraktionen, für die jeweils anderen wählbare Kandidaten zu nominieren, ist das andere. Ich kenne parlamentarische Vertretungen, die Kandidaten von als Paria gehandelten Fraktionen ohne Ansehen der Person über ganze Wahlperioden haben durchfallen lassen. Am 5. März 2020 hatte der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) allerdings für Aufsehen gesorgt, als er dem AfD-Abgeordneten Michael Kaufmann seine Stimme bei der Wahl zum Landtagsvizepräsidenten gab. Das hatte nichts mit links-rechter Kungelei zu tun. Ramelow erklärte sich danach: „Ich habe mich sehr grundsätzlich entschieden, auch mit meiner Stimme den Weg frei zu machen für die parlamentarische Teilhabe, die jeder Fraktion zugebilligt werden muss.“ Anders gesagt, wer erwartet, dass sich alle an die parlamentarischen Spielregeln halten, muss sie auch für alle gleichermaßen anwenden. Friedrich Merz ist sicher nicht mit dem König Belsazar gleichzusetzen – und mit dem politischen Format, das ein Bodo Ramelow auf die Waagschale legt, schon gar nicht. Aber ihre anachronistischen Personalentscheidungen sind Sache der CDU.

Wahrscheinlich wird der Casus eines nicht besetzten Vizepräsidentensessels das Parlament bis zur nächsten Wahl beschäftigen. Die 488 Nicht-AfD-Abgeordneten – möglicherweise nur 487, Bodo Ramelow hat jetzt für die Linke einen Sitz inne – werden sich regelmäßig eine Art Tapferkeitsmedaille für Widerstand gegen den Faschismus an die Brust heften. Die AfD wird ebenso regelmäßig mit wohlgesetzten Worten protestieren. So schafft man Märtyrer. Das Volk liebt Märtyrer mehr als Herrscherfiguren … Wir werden es erleben.

An diesem – angesichts der aktuellen Weltlage und der genau betrachtet verzweifelten Situation, in der sich unser Land auf vielen Feldern befindet – vergleichsweise lächerlich scheinenden Problem wird aber etwas ganz anderes deutlich: Die absolute Ignoranz des Führungspersonals der großen politischen Parteien gegenüber der Meinung des Volkes und die daraus resultierende Sucht, mit quasi bonapartistischen Mitteln durchregieren zu wollen. Damit sind wir wieder beim Buch Daniel, Kapitel 5. Es liegt mir allerdings fern, Friedrich Merz mit Napoleon Bonaparte vergleichen zu wollen. Übrigens ist jüngst zum wiederholten Male ein einstmals sehr bekannter Politiker mit Napoleon-Allüren krachend gescheitert. Aber die Gattin erwägt ja den Gang vor die Gerichte…


Die Bildsprache der Architektur sagt eigentlich alles: Wer kontrolliert hier wen? Das Kanzleramt von der Besucherterrasse des Reichstages aus gesehen.
Foto: W. Brauer (2015)

Schauen wir noch einmal auf die am vergangenen Sonntag an der Wand erschienene Schrift, das aktuelle Wahlergebnis. Karl-Rudolf Korte kommentierte am Wahlsonntag in den letzten Sekunden vor Veröffentlichung der ersten Prognose im ZDF, dass der zu Ende gegangene Wahlkampf „ein Wettbewerb der Unbeliebten“ gewesen sei. Die Zahlen geben Korte Recht. Über Christian Lindner, Robert Habeck und Sahra Wagenknecht müssen wir in diesem Zusammenhang nicht mehr reden. Vorläufig jedenfalls. Aber das traf ja vor 16 Jahren auch einmal auf Friedrich Merz zu…

Mit Merz als Kanzlerkandidaten erzielte die Union mit 28,5 % das zweitschlechtestes Bundestagswahlergebnis ihrer Geschichte. Miserabler fiel das nur 2021 unter Armin Laschet aus: 24,2 %. Mit einem Wert unter 30 % wurde auch jetzt das selbstgesteckte Ziel nicht erreicht. Aber darüber redet keiner mehr. Ein Wahlsieg allerdings sieht anders aus. Und selbst die 4,3 % Zuwachs schreibt zumindest Markus Söder der CSU, also sich selbst, auf die Haben-Seite. Mit 37,2 % (+ 5,4) hat er natürlich Oberwasser gegenüber dem ewig sauertöpfisch daherkommenden Sauerländer..

Nicht viel besser steht es um die Lesefähigkeit bei der SPD. Das letzte Mal in ihrer langen Geschichte – ihre Parteiagitatoren werden nicht müde, die mindestens bis auf Fernand Lassalle zurückzuführen; die Linke könnte das übrigens mit gleicher Berechtigung tun… – erzielte die Partei einen so miserablen Wert bei den Reichstagswahlen 1887: 10,1 %. Aber das war unter den furchtbaren Bedingungen des Sozialistengesetzes Otto von Bismarcks ein großartiger Wert. Am 25. Januar 1890 scheiterte Kanzler von Bismarck mit dem Versuch einer Verlängerung des Gesetzes. Keine vier Wochen später, am 20. Februar 1890, wurde der Reichstag neu gewählt. SPD: 19,8 %.

Selbst unter den Bedingungen des offenen Nazi-Terrors kam die Partei im März 1933 noch auf 18,3 %. Ihr Trio infernale – Olaf Scholz, Saskia Esken, Lars Klingbeil – fuhr am 23. Februar 2025 satte 16,4 % ein. Ein historischer Absturz um 9,3 %. Konsequenzen? Der Parteivorsitzende Lars Klingbeil übernahm stillschweigend die Verantwortung für das Wahlergebnis, indem er sich zusätzlich zu diesem Amt zum Fraktionschef küren ließ. Seine Co-Vorsitzende Saskia Esken macht das, was sie am besten kann. Sie schweigt. Man hat schließlich einen Sündenbock, der an allem schuld ist.

Heute wird in Hamburg die Bürgerschaft neu gewählt. Es sieht nach einem Wahlsieg der SPD aus (33%), die CDU steckt bei 18% fest. Klingbeil & Esken werden das als Bestätigung ihres Kurses und überzeugenden Vertrauensbeweis verkaufen. Das ist es nicht. Zuvörderst haben die Hamburger keinen Bock auf die CDU. Selbst die auch dort schon totgesagte Linke nähert sich inzwischen deren Werten an.

Aber warum zum Teufel gierte Klingbeil auf dieses zusätzliche Amt? Angesichts des scheinbar unaufhaltsamen Niedergangs seiner Partei – die Linke hatte es immerhin geschafft, sich rechtzeitig einer politikunfähigen Spitze zu entledigen – hätte er doch im Willy-Brandt-Haus genug zu tun! Die Antwort ist banal. Natürlich will er „auf gleicher Augenhöhe“ mit Merz in die Koalition gehen. Aber er will auch für Ruhe im Karton sorgen, damit diese Koalition überhaupt erst einmal zustande kommt und nicht irgendwelche Selber-Denker auf Abwege geraten. Sicher ist nämlich derzeit gar nichts. „Schwarz-Rot“ – eine „Große Koalition“ wäre „Schwarz-Blau“ – hätte nur zwölf Stimmen Mehrheit. Das klingt ausreichend. Aber ein gutes Dutzend SPD-Abgeordnete hat gestern durchblicken lassen, dass Friedrich Merz nicht unbedingt der Kanzler ihrer Wahl sein wird. Und die können sich auf das Grundgesetz berufen: Abgeordnete „…sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ [Art. 38 (1)]. Nebenbei: Weshalb noch nie jemand Strafanzeige erstattet hat, wenn wieder mal eine Fraktionsspitze egal welcher Fraktion in unseren Parlamenten erklärt hat, sie gebe „in diesem Fall die Abstimmung frei“ und hebe den Fraktionszwang auf, ist mir ein vollkommenes Rätsel. Das ist jedesmal das Eingeständnis, dass diese Leute das Grundgesetz nicht sonderlich interessiert.

Dieses tapfere Dutzend jedenfalls scheint zu ahnen, dass ein Kabinett Merz seine hochtrabenden Pläne – das beginnt mit extrem hohen Verteidigungsausgaben und endet mit den feuchten Träumen einer deutschen europäischen „Leadership“ – nur durch eine sehr grundsätzliche Abkehr von bisherigen sozialdemokratischen Grundpositionen wird durchsetzen können. Möglich ist das nur, indem das Volk entschieden rabiater als bislang zur Kasse gebeten wird. So ganz nebenbei hat die CDU-Spitze mehr als einmal erklärt, die Ergebnisse der „Ampel“-Politik vollständig abräumen zu wollen. Es geht also ans „Eingemachte“ des SPD-Selbstverständnisses. Irgendwie zeigt Friedrich Merz jetzt schon einen leichten Hang zu Donald-Trump-Allüren.

Das Attribut „christlich“ in ihrem Namen hat die CDU ja schon lange in der Effektenkammer der Polit-Folklore abgelegt. Man erwartet auch nichts anderes von ihr. Kappt die SPD aber den letzten Rest des „Sozialen“ aus ihrer praktischen Politik, wird das ihr endgültiges Aus bedeuten. Die Linkspartei scheint das in letzter Minute begriffen zu haben: Die starke Fokussierung auf bezahlbaren Wohnraum, auskömmliche Mindestlöhne und gegen die pauschale Verteufelung jeglicher Migration sicherte ihr den von kaum noch jemandem vermuteten Wiedereinzug in den Bundestag und wird offenbar auch bei den heutigen Bürgerschaftswahlen für einen überraschenden Punktezuwachs sorgen. Es ist das Erfolgsrezept der steirischen Kommunisten in Österreich.

Ich vermute allerdings, dass der neue starke Mann der Sozialdemokratie sich mittels Beschwörung der Gefahren der neuen „Achse Washington-Moskau“ – man muss doch gerade jetzt die Handlungsfähigkeit der Republik wahren –, dem rhetorischen Allzeit-Valium „Wir müssen doch das Schlimmste verhindern“ und der Schreckensvision der „ausgestreckten Hand“ Alice Weidels in Richtung CDU durchsetzen wird. Da ist sie wieder, die Hand, die das Menetekel an die Wand schreibt. Die Geschichte wiederholt sich, diesmal käme sie tatsächlich als Farce. Aber da CDU und CSU derzeit offenbar nichts anderes einfällt, als mit den alten Leuten schon einmal gescheiterte Politikansätze durchdrücken zu wollen, ist das worst-case-Szenario programmiert. Es muss nur noch jemand die „Start“-Taste drücken.


Mit der Verwendung von viel Glas wollte der Architekt Sir Norman Foster seinerzeit ein Symbol für die Transparenz parlamentarischen Handelns setzen. Foto: W. Brauer (2015)

Vollkommen unklar ist mir allerdings, weshalb unsere „politische Klasse“ immer noch nicht begriffen hat, dass ein radikaler Rechtsschwenk in der Politik immer zwei Voraussetzungen hat: ein Totalversagen bei den Linken und die absolute Unwilligkeit bei den Parteien der Mitte, aus den eingefahrenen Geleisen herauskommen zu wollen. Und ganz nebenbei: Erneuerung fängt mit neuem Personal an. Warum soll das Volk Leuten glauben, die schon mehrfach verkündet hatten, dass jetzt alles ganz anders wird?

9 Kommentare

  1. Mene tekel ufarsin.
    Mittlerweile gibt es Millionen Daniels, die siese Wort zu entschlüsseln vermögen. Und das zusammengeschusterte westeuropäische Reich wird zerfallen wie einst das des Belsazar, wie einst das fast zweitausend Jahre währende Römische Reich, wie einst das tausend (genau 1005 und einhalb) Jahre währende Heilige Römische Reich (zuletzt genannt deutscher Nation), wie das riesige Habsburgerreich usw. usf. Amlängsten währt bis heute jenes Reich, das einst Chin Chi Huang Di (Qin Shihuangdi) gründete. Warum wohl?

    1. Na ja, lieber Ralf, die Millionen Daniels sehe ich nicht. Ich sehe eher eine grassierende historische und politische Unbildung, gepaart mit Halbwissen und untersetzt mit Glauben statt Faktenkenntnissen.
      Das ist kein Zufall, Bildung war und ist immer ein Mittel zur Herrschaftssicherung. Mit dieser Nahrung hält man das Volk gerne kurz. Und das Rezept funktioniert immer noch.
      Recht gebe ich Dir darin, dass keines der großen Reiche Bestand hatte – und auch keines Ewigkeitsbestand haben wird. Das ist vollkommen normal. Die Frage ist nur, wie sie untergingen. Fast alle auf sehr verschiedene Weise… Mit einigen Fakten allerdings irrst Du Dich. Das Reich der Pharaonen – durchaus eine Despotie -bestand gut 2700 Jahre mit einer erstaunlichen kulturellen Kontinuität und vergleichsweise wenig inneren Unruhen. Das chinesische Reich ist allerdings untergegangen: nach 2100 Jahren ging es 1912 mit dem erzwungenen Abgang von Pu Yi zu Ende. Am Ende war es schon Jahrzehnte vorher. Aber Historiker brauchen immer einen präzisen Punkt. Die nach einer langen Phase blutigster Bürgerkriege 1949 gegründete Volksrepublik hat mit dem Kaiserreich nichts zu tun. Genauso könnten wir behaupten, Deutschland weise eine staatliche Kontinuität seit dem Jahre 919 auf. Es gibt ein paar Irre, die machen das. Nee, mit der Umsetzung von Geschichtskarten in konkrete Politik sollte man sehr vorsichtig sein.
      Ja, ich stimme Dir auch darin zu, dass aktuell die Zukunft der europäischen Demokratien (sie sind es immer noch, auch wenn es in einigen Ecken übelst riecht) nicht unbedingt sicher ist.

      1. Da Menetekel derzeit keineswegs nur für Deutschland von Belang sind, sei auf ein solches hingewiesen, das bereits 1949 an der Wand zu lesen war und nun neuerliche Aktualität erlangt hat: George Orwells „1984“.
        Bis vor kurzem „Zeit“-Mitherausgeber, hat Josef Joffe dies bereits getan und in Beziehung namentlich zu neuerer Politik in den USA und Russland gesetzt. Dabei konzentriert sich Joffe vor allem auf das „Neu“- und „Doppeldenk“, das im fiktiven Reich des „Großen Bruders“ zu sprechen angeordnet ist.
        Mindestens genauso relevant sind aber auch die Bezüge zur einfachen Wertumkehrung von Begriffen, mit der Folge gedanklicher Unfähigkeiten solcherart „Dialektik“ noch folgen zu können, denn wie „oktroyiert“, wenn dann Krieg zu Frieden, Freiheit zu Sklaverei und Unwissenheit zu Stärke werden – die drei Wahlsprüche der agierenden Partei Ozeaniens mit dem allmächtigen „Großen Bruder“ an der Spitze. „Schwarzweißdenken“ gar ist die Fähigkeit, daran zu glauben, „dass schwarz weiß ist, darüber hinaus zu wissen, dass schwarz weiß ist und zu vergessen, dass man jemals das Gegenteil geglaubt hat“.
        Es ist wohl unnötig auf den Autor/die Autoren des aktuellen Menetekels hinzuweisen; man lese Orwell nochmal und wird immer wieder auf sie stoßen. Übrigens ist auch Orwells Neusprech allweil anzutreffen. Zur „militärischen Spezialoperation“ fehlt nur das von 1984 adaptierte Kürzel „Milspezop“…

      2. Lieber Wolfgang,
        das mit dem chinesischen Reich sehe ich anders, erkenne durchaus eine Kontinuität. Dies aber hier zu debattieren führt wohl zu weit. Der Vergleich zur „staatlichen Kontinuität Deutschlands seit 919“ klappt da nicht.
        Vielleicht setzen wir uns mal zusammen, und falls weitere Diskutanten Interesse haben, bitte gern …

  2. Die parlamentarischen Taschenspielertricks scheinen inzwischen auch in einem anderen Punkt aufzuleben. Obwohl der neue gewählte Bundestag sich bereits konstituieren könnte, soll noch schnell der alte abgewählte in ihrer Höhe noch nie dagewesene und nach oben offene Schulden (Sondervermögen) für Verteidigung (Rüstung) aufnehmen.

    Mittendrin auch der „Kanzlerkandidat“ Olaf Scholz, der 16,4 Prozent für seine SPD zusammenfegte. Wieviel Prozente hatte die SPD mit sozialdemokratischen Kanzlern vor ihm? Schröder 40,9, Schmidt 45,8, Brandt 42,7. Selbst der letzte sozialdemokratische Kanzler vor Willi Brandt hatte ein Ergebnis von 29,8 Prozent, das war Hermann Müller als Reichskanzler von 1928 bis 1930.

  3. Warum wohl?, fragt Herr Nachtmann am Ende seines Kommentars. Wahrscheinlich hat er auch eine Antwort parat, und die würde mich interessieren. Er teile das Rezept uns mit … Ich wundere mich zudem über die Art, mit der Herr Hauschke der SPD begegnet. Ihr Niedergang ist offensichtlich, und sie wird wohl nie mehr ihre einstige Stärke zurückgewinnen, ich bezweifele aber, daß das sonderlich viel mit der Person von Olaf Scholz zu tun hat. Vielleicht ist es derzeit noch gar nicht möglich, genauer zu erkennen, was hinter all diesen Entwicklungen steht. Etwas Positives jedenfalls wohl kaum.

  4. Der Niedergang der SPD ist sicher nicht allein Scholz zuzuschreiben, da bin ich d’accord. Man unterschätze jedoch nicht die Rolle der Persönlichkeit in der Geschichte bzw. hier in der Gegenwart. Da fällt mir gerade Donald Trump in diesem Zusammenhang ein …

  5. Die Persönlichkeit spielt in der Geschichte eine Rolle, wohl wahr, und zwar meist eine negative, allenfalls eine ambivalente – Personen, die eine durchweg positive Rolle gespielt haben bzw. spielen, sind meines Wissens die große Ausnahme. Andererseits scheint mir Olaf Scholz nicht der Typ zu sein, der imstande ist, alles in Schutt und Asche zu legen – nicht einmal unabsichtlich. Mag sein, daß er Fehler gemacht hat. Aber das tun eigentlich alle. Der Abstieg hat sich zudem lange hingezogen, hat also viele Väter und vielleicht auch ein paar Mütter. Oft wird der Wandel der Sozialstruktur als Grund benannt. Allerdings hatte der Aufstieg der SPD auch keinen derartigen Wandel zur Voraussetzung, weshalb sollte es dann beim Abstieg der Fall sein? Aber ich will nicht weiter mutmaßen.

    Zu Rolf Nachtmann: Ich wollte eigentlich bloß eine Auskunft … zum Debattieren habe ich aufgrund eigener Vorhaben seit längerem schon keine Zeit, kenne mich auch in Chinas Geschichte nicht so gut aus. Tut mir leid.

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